Uhrenratgeber

Automatikuhr: Aufbau, Funktion und Co. auf einen Blick

von Zeitlounge Redaktion - 23 Jan, 2023

Ob Feder, Zeiger oder Räderwerk – eine Automatikuhr besteht aus zahlreichen Komponenten, die das Rad der Zeit am Laufen halten. Nicht nur Kinder, Jugendliche und Erwachsene aus aller Welt profitieren von der hohen Ganggenauigkeit einer Automatikuhr, sondern auch Uhrenfans, denen Pünktlichkeit, Ausdauer und Zuverlässigkeit am Herzen liegen.

Wir zeigen Ihnen, seit wann es Uhren mit automatischem Aufzug gibt, wie die filigrane Technik im Inneren funktioniert und aus welchen Bestandteilen sie sich zusammensetzt. Zudem erfahren Sie, welche Vor- und Nachteile eine Automatikuhr mit sich bringt.

Was ist eine Automatikuhr?

Automatikuhren sind Uhren mit Selbstaufzug, das heißt, dass sie nicht per Hand aufgezogen werden müssen, um zu funktionieren. Im Vergleich zu Uhren mit Handaufzug sind viele Modelle mit dem englischen Ausdruck automatic gekennzeichnet, während bei anderen – vor allem im französischen Sprachraum – die Rede von einer montre perpetuelle ist, was so viel wie “andauernd” bedeutet. So wurden aufziehende Automatikwerke bereits vor ca. 250 Jahren vom Schweizer Uhrmacher Abraham-Louis Perrelet und dem französischen Hubert Sarton erfunden und konnten sich als Perpetuelle bis heute “dauerhaft” auf dem Uhrenmarkt etablieren.

Die ersten Automatikuhren hatten es jedoch schwer, sich gegen die beliebten Taschenuhren mit Krone durchzusetzen. Daher kam die erste Armbanduhr mit automatischem Uhrwerk in der Schweiz erst in den 1920ern auf den Markt, während die ersten Modelle in Deutschland von Junghans, Bifora und Durowe in den 1950ern angeboten wurden. 

Wie funktioniert eine Automatikuhr?

Mit einer Automatikuhr am Handgelenk brauchen Sie kaum etwas zu tun, um die Zeit am Laufen zu halten, denn per Automatik ziehen sie sich selbst auf. Sie funktionieren über einen kugelgelagerten Rotor,der mittels kinetischer Energie angetrieben wird. Dafür müssen Sie die Armbanduhr nur mit sich tragen, während die Bewegungen und Schwingungen Ihres Arms die Feder des Rotors spannen bzw. aufziehen. Dieser Effekt äußert sich in einem Drehmoment, der nach dem Prinzip des Trägheitsmoments funktioniert. Das bedeutet, dass die entstehende Bewegungsenergie ans Federhaus weitergegeben und die Schwungmasse auf den bewegenden Rotor sowie die Zugfeder übertragen wird. 

Woraus besteht eine Automatikuhr?

Für eine Uhr mit automatischem Aufzug ist ihre spiralisierteFeder mit feinem Draht ein zentraler Bestandteil, damit sich die Zeiger auf dem Zifferblatt in Bewegung setzen. Dabei befindet sich die Feder im Federhaus, das auch unter dem Namen Rutschkupplung oder “Bridge” bekannt ist. Kinetische Energie sorgt von außen dafür, dass die aufgezogene Feder unter Spannung steht und wieder in ihre ursprünglich ungespannte Form zurückkehren möchte. So wird die erzeugte Antriebskraft auf das nachgeschaltete Räderwerk weitergeleitet, welches aus drei Rädern besteht:

  • Minutenrad: Benötigt als erste Glied 60 Minuten für eine Umdrehung
  • Zwischenrad: Das Bindeglied zwischen Minuten- und Sekundenrad
  • Sekundenrad: Braucht als letztes Glied 60 Sekunden für eine Umdrehung

Diese drei Räder werden jeweils vom Minutenrad-, Zwischenrad- und Sekundenradtrieb angetrieben, während das Minutenrad über ein Rohr mit dem Minutenzeiger auf der Uhr und das Sekundenrad mit dem Sekundenzeiger verbunden ist. Das Besondere: Im Vergleich zu Quarzuhren “gleiten” die Zeiger bei einer Automatikuhr über das Zifferblatt und “springen” nicht von einer zur nächsten Position. Dafür ist der gleichmäßige Lauf der einzelnen Räder verantwortlich, wenn Bewegungen in Energie verwandelt werden.

Die Taktgeber der Automatikuhr: Hemmung und Unruh

Im Zusammenspiel der einzelnen Räder im Räderwerk schließt das Ankerrad an das Sekundenrad an und bildet mit dem Anker und der Unruh die Hemmung. Diese “hemmt” die Antriebskraft aus dem Federhaus, sodass die entstandene Energie optimal reguliert wird. Bei Automatikuhren können zum Beispiel rückführende, ruhende und freie Hemmungen verbaut sein, von denen in heutigen Modellen am häufigsten die Schweizer Ankerhemmung vorkommt. Diese zählt zu den freien Hemmungen, da es zu “freien” Bewegungen kommt. 

Die Unruh bildet in einer Automatikuhr das Unruh-Spirale-Schwingsystem, in dem der bewegliche Rotor in Halbkreisen hin und her schwingt. Somit ist die Unruh der Gangregler, der auch bei anderen Armbanduhren, Taschenuhren und Co. für den gleichmäßigen Gang sorgt. Gemeinsam mit der Hemmung gibt die Unruh den Takt vor, während sie sich aus den folgenden zehn Bestandteilen zusammensetzt:

  1. Lagerzapfen
  2. Unruhwelle
  3. Doppelrolle
  4. Hebelstein
  5. Unruhschenkel
  6. Rückerstifte
  7. Spiralklötze
  8. Spiralrolle
  9. Spirale
  10. Unruhring
Unruh-Spirale-Schwingsystem

 

Manfredgoellner, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Hinweis: Für die Ganggenauigkeit sind vor allem die Halbschwingungen der Unruh entscheidend. Bei modernen Modellen liegt diese meist bei 21.600 oder 28.800 Schwingungen pro Stunde. 

Was sind die Vor- und Nachteile einer Automatikuhr?

Ob mit ein- oder beidseitigem Aufzug – zu den komfortabelsten Vorzügen einer Automatikuhr zählt die Bequemlichkeit, mit der sie über einen längeren Zeitraum getragen werden kann. Sie müssen weder Batterien kaufen noch diese wechseln, denn das Uhrwerk zieht sich beim Tragen wie von selbst auf. Weitere Vorteile sind wie folgt:

  • Sicherheit: Die Feder kann trotz starker Bewegungen nicht überspannt werden.
  • Genauigkeit: Ein automatischer Vollaufzug sorgt für höhere Ganggenauigkeiten.
  • Stabilität: Wird von hochwertigen Materialien geschützt, die wasser- und staubdicht sind. 
  • Aktualität: Automatikuhren sind zeitgemäß und modern, denn sie verfügen über ein edles Design und eine einfache Handhabung.

Mit dem automatischen Aufzug sind Sie auf körperliche Bewegungen angewiesen, die beim Joggen, der Gartenarbeit und bei Aktivitäten mit schnellen Armbewegungen für Probleme sorgen können. Je nach Nutzungsart reagiert dieser Uhrentyp nämlich empfindlicher auf externe Einflüsse als zum Beispiel eine Quarzuhr. So können folgende Nachteile auftreten:

  • Wartung: Diese Uhren benötigen bei Reparaturen häufig länger als andere Uhrentypen (hängt aber auch stark vom jeweiligen Uhrmacher ab).
  • Nutzung: Bei längerer Nichtbenutzung kann die Uhr mit ihrem Uhrenbeweger aufgrund mangelnder Bewegung stehen bleiben. 
  • Form: Es werden oft Modelle mit einer größeren Bauhöhe entwickelt, was das Gewicht erhöht und das Design beeinflusst.

Fazit

Automatische Uhren wurden bereits im 18. Jahrhundert entwickelt, konnten sich aber erst Anfang des 20. Jahrhunderts auf dem Weltmarkt etablieren. Seitdem gibt es sie in diversen Formen und Ausführungen, um Uhrenfans aus aller Welt zu beeindrucken. Ohne viel Aufwand sind sie leicht in der Handhabung und bieten präzise Ganggenauigkeiten. Aber Achtung: Nehmen Sie – zum Beispiel bei der jährlichen Zeitumstellung – keine Datumsänderungen zwischen 22 und 4 Uhr morgens vor, denn dies kann das Automatikwerk beschädigen. Zudem sollten Sie nicht die Stoppfunktion bei stehendem Uhrwerk betätigen. Beachten Sie diese Hinweise, können Sie mit einer langen Lebensdauer rechnen, die sich erhöht, wenn Sie regelmäßig Ihre Uhr reinigen und warten. Für die Reinigung sind Sie bereits mit einem feuchten Tuch bestens ausgestattet. 

FAQ – Häufig gestellte Fragen

Was macht Automatikuhren besonders?

Uhren mit aufziehbarem Rotor benötigen keine Batterien, denn sie funktionieren mittels kinetischer Energie durch das Tragen am Handgelenk. So zieht sich das Uhrwerk beim Tragen “automatisch” wie von selbst auf.

Wie oft muss eine Automatikuhr aufgezogen werden?

Ziehen Sie Ihre Uhr vor der ersten Nutzung und nach längeren Ruhephasen auf. Auch bei regelmäßigem Gebrauch ist es empfehlenswert, die Uhr einmal im Monat aufzuziehen, um das volle Potenzial ihrer Gangreserve zu nutzen. Dabei können Sie die Feder nicht überdrehen, da Sie auf spürbaren Widerstand stoßen. 

Wie hoch ist die Gangreserve einer Automatikuhr?

Die meisten Modelle verfügen über eine durchschnittliche Gangreserve von 40 Stunden. Bei "Powermatic-Exemplaren” kann diese sogar bei 80 Stunden liegen, ohne dass Sie Ihre Uhr erneut aufziehen müssen. Dafür sollte die Feder jedoch stets gleichmäßig schwingen können, um diese Zeiten in der Praxis zu erreichen.